Flugplatz Brandis – Waldpolenz
unter dem Roten Stern (1945 – 1992)
Als am 30. Juli 1992 die letzten russischen Soldaten den von ihnen als „Aerodrom Brandis“ bezeichneten Polenzer Flugplatz räumten, ging damit auch dessen 58-jährige militärische Geschichte zu Ende. Was die meisten Interessierten davon wissen, bezieht sich vermutlich jedoch mehrheitlich auf die 11 Jahre unter dem Hakenkreuz, von 1934 bis April 1945. Auf die dort erprobten und geflogenen Flugzeugtypen wie Messerschmitt Me 163 oder Junkers Ju 287. Denen widmete die bisherige Geschichtsschreibung denn auch schon einige Literatur.
Was aber ist aus der, von den heutigen Generationen noch unmittelbar erlebten und mit 47 Jahren viermal längeren, nachfolgenden Zeitepoche bekannt? Außer dem (fast) täglichen Lärm, den die Turbinen der hier stationierten Jagdflugzeuge und Kampfhubschrauber erzeugten? Lärm, den manche Einwohner der umliegenden Gemeinden vielleicht noch immer in den Ohren haben. Deshalb möchte der Autor über einige bisher eher unbekannte Aspekte aus der Zeit „unter dem roten Stern“ berichten. Und auch einige “Fakten”, die bis heute – insbesondere im s.g. “Social Media” kursieren – versuchen richtig zu stellen. Selbstverständlich können auch hier nicht alle Details dargestellt werden, auch fehlen noch einige letzte Fakten. Umsomehr ist der Autor jederzeit offen für Hinweise, Korrekturen etc.
Die Russen kommen!
Die Nachkriegs-Besetzung des Polenzer Flugplatzes
Was noch nicht einmal „König Mu“ (Martin Mutschmann, der nationalsozialistische Gauleiter Sachsens), der einmal vor dem Luftkreiskommando III auf dem Flugplatz Waldpolenz-Brandis eine Rede hielt, in seinen schlimmsten Alpträumen befürchtet haben dürfte, wurde am 2. Juli 1945 Wirklichkeit: Soldaten der Roten Armee der Sowjetunion übernahmen die Polenzer Luftwaffenanlage! Während weitgehend bekannt ist, dass der Flugplatz an diesem Tag aus der kurzzeitigen amerikanischen in sowjetische Besatzung überging, dürften wenige Leser wissen, dass diese Übergabe nicht ganz reibungslos ablief.
Die deutschen Flugzeugwracks dienen bestenfalls als Kulisse – wie für diesen M-24-Panzer der 9. US-Panzerdivision. Wenige Wochen später werden die auf dem Flugplatz Polenz stationierten Panzerfahrzeuge statt des weißen einen roten Stern tragen.
(Foto: J. Malan Heslop, NARA-Washington, RG 342)
Robert L. Pierce, ein Veteran der I-Kompanie des 273. Infanterieregiments der 69. US-Infanteriedivision, schildert seine „Begegnung mit den Russen“ im Buch „Hands Across the Elbe“ (Turner Publishing Co., 1995) folgendermaßen: „Die Luftwaffenbasis Polenz sollte an eine Vorhut der russischen Armee übergeben werden… Als wir Polenz verlassen wollten, konnten die uns zur Verfügung stehenden Lastwagen die verbliebene Anzahl amerikanischer Soldaten nicht aufnehmen. Wir waren ent-weder mit Panzern oder in Fahrzeugen anderer Kompanien an die Mulde gekommen. Diese… waren längst fort. So machte es der Mangel an Transportfahrzeugen erforderlich, deutsche Armee-Lastwagen zu benutzen, die sich in Polenz befanden. Wir beluden die Laster und formierten einen Konvoi… Unser Bataillonskomman-deur, Oberstleutnant Leo W. Shaughnessy, saß im ersten Jeep und wollte… hinausfahren. Die russische Vorhut befand sich am Tor. Mehrere Soldaten standen um das Wachhaus herum, nur einer stand mitten in der Torausfahrt und blockierte den Weg mit dem Maschinengewehr im Anschlag. Der verantwortliche Russe war ein junger Offizier, der zu Oberstleutnant Shaughnessy meinte, er könne das Gelände nicht mit den deutschen Lastern verlassen, da diese jetzt russisches Eigentum seien. Obwohl Oberstleutnant Shaughnessy argumentierte, dass er nicht anders zur US-Zone kommen könne, war der russische Offizier sehr unnachgiebig… Shaughnessy stand in seinem Jeep auf, drehte sich dem nachfolgenden 2 ½-Tonner zu und rief dem Leutnant auf dem Beifahrersitz zu: „Lade und bediene die 50er!“ Der… Lastwagen war mit einem auf einem drehbaren Aufsatz montierten 50-cal.-Maschinengewehr… bestückt. Der Leutnant sprang auf, lud das Gewehr und zielte damit auf den Wachposten. Oberstleutnant Shaughnessy sah den russischen Offizier an und sagte laut: „Sie haben die Wahl: Entweder Sie schießen oder gehen zur Seite.“ Er gab… ein Handzeichen zum Aufbruch. Der Wachsoldat ging beiseite und die Russen sahen zu, wie unser Konvoi aus Polenz herausfuhr.“
Der beginnende „Kalte Krieg“ zwischen den ehemaligen Verbündeten warf auch hier seine ersten Schatten voraus. Eine Folge davon war, dass man ab diesem Zeitpunkt offiziell kaum noch genauere Informationen über die in Deutschland stationierten sowjetischen Truppen bekam. Es verwundert deshalb nicht, dass nur wenige Deutsche im Gebiet um den Flugplatz wussten (bzw. durch die 1996 erschienene Brandiser Chronik heute vielleicht wieder wissen), dass die erste sowjetische Besatzung in Waldpolenz überhaupt nichts mit Fliegerei zu tun hatte: Es waren nämlich Soldaten einer Panzereinheit!
Durch den Befehl Nr. 1 des Obersten Befehlshabers der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland wurde, entsprechend alliierter Abmachungen, am 9. Juni 1945 die Sowjetische Militäradministration Deutschland (SMAD) als nun zuständige Militärregierung gebildet. Weiterhin hatten die jeweiligen Truppenkommandeure Weisungen zur Stationierung oder über den Abzug ihrer Kampftruppen erhalten. So bekam auch der „Held der Sowjetunion“ Generaloberst Michail Jefimowitsch Katukow die Order, die von ihm befehligte 1. Garde-Panzerarmee in Sachsen zu stationieren.
„Held der Sowjetunion“ General Michail Jefimowitsch Katukow war ab 1945 Chef der Sowjetischen Militäradministration in Sachsen. Teile der einst von ihm befehligten 1. Garde-Panzerbrigade (rechts: T-34-Panzer der Brigade im Winter 1941/42 vor Moskau) waren dreieinhalb Jahre später auch in Brandis-Waldpolenz zu finden.
(Fotos: Museum zur Verteidigung Moskaus)
Weisungsgemäß bezogen das 11. Garde-Panzerkorps (später 11. Garde-Panzerdivision) und das 9. Panzerkorps (9. Panzerdivision) die Kasernen und Garnisonen im östlichen bzw. mittleren Sachsen. Während das 8. Garde-Mech. Korps (ab 1957: 20. Garde-Mot.-Schützendivision) den westsächsischen Raum um Grimma und Wurzen übernahm. Das Muldental zwischen beiden Städten wurde dabei von dessen 1. Garde-Panzerbrigade besetzt. Einer Militäreinheit, deren Geschichte im hiesigen Territorium bisher unbekannt und unerforscht war und nachstehend etwas erhellt werden soll.
Die 1. Garde-Panzerbrigade war am 19. August 1941 als 4. Panzerbrigade der Roten Armee neu aufgestellt worden. Dabei bildeten Reste der 15. und 20. Panzer-division, die in den ersten Monaten nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf die UdSSR zerschlagen worden waren, den Grundstock. Brigade-Kommandeur wurde der damalige Oberst Michail Jefimowitsch Katukow. Dieser bekam jetzt neue Panzer T-34 aus der Fertigungslinie des Stalingrader Traktorenwerkes zuge-wiesen. Ihre ersten Kämpfe hatte die Einheit ab Anfang Oktober 1941 während der „Orel-Brjansker-Operation“ zu bestehen. Durch erfolgreiche Verteidigungsgefechte bei Mzensk konnte der Vormarsch der überlegenen und siegverwöhnten Kräfte der 2. deutschen Panzerarmee (Generaloberst Heinz Guderian) der Heeresgruppe Mitte auf Moskau verlangsamt werden. Dafür wurde die Einheit am 11. November als erste Panzerbrigade der Roten Armee mit dem „Garde“-Titel geehrt und gleich-zeitig in 1. Garde-Panzerbrigade umbenannt. Wenige Tage später erhielt sie das entsprechende Garde-Kampfbanner überreicht. In der anschließenden Schlacht um Moskau (bei Rschew-Wjasma-Wolokolamsk) konnte der bislang als schier unschlagbar angesehene Gegner sogar auf 100 bis 250 Kilometer von der sowjetischen Hauptstadt zurückgedrängt werden. Damit platzten erstmals die deutschen Blitzkriegspläne. Der Krieg nahm einen langwierigen Charakter an, was sich besonders im Hin und Her an der Woronescher Front und bei Stalingrad noch zeigen sollte.
Von der 1. Garde-Panzerbrigade (rechts die Truppenfahne) genutzter amerikanischer M-3A1 „Scout“-Panzerwagen. Oben von rechts: Gefreiter Anissimow (Fahrer/Kommandant), Uffz. Bogatischtschew (Ladeschütze), Gefreiter Kosterew (Richtschütze), Sergeant Rasinow (Funker) und Uffz. Kornilow (MG-Schütze); unten von rechts: Leutnant Baljuk und Hauptmann Manukjan
(Foto: Museum zur Verteidigung Moskaus)
Auch der weitere Kampfweg führte die 1. Garde-Panzerbrigade über viele heute bekannte Schlachtfelder: Ab Sommer 1943 nahm sie an der Panzerschlacht am Kursker Bogen teil. Geführt von Oberst W. M. Gorelow gehörte sie zur neu formierten 1. Panzerarmee (am 25. April 1944 mit dem Garde-Titel ausgezeichnet) unter dem nunmehrigen Generalleutnant Katukow. Nach der Rückeroberung von Belgorod und Charkow gelang dann die Befreiung der östlichen Ukraine und Kiews. Ab November 1943 nahm die Brigade an der „Schitomir-Berditschew-Operation“ und im Sommer-Herbst 1944 an der „Lwiw-Sandomier-Operation“ teil. Anschließend kämpfte sie sich aus den Weichselbrückenköpfen über Posen bis zur Oder vor. Ende Februar 1945 in den pommerschen Raum nördlich Landsberg/Warthe verlegt, erreichte sie über Kolberg die Ostseeküste und die Danziger Bucht bei Gdingen. Danach kehrte die Einheit zur 1. Weißrussischen Front an der Oder zurück. Ihre letzten Kämpfe im Rahmen der „Berliner Operation“ führten die Panzer der Brigade schließlich bis ins Stadtzentrum der deutschen Reichshauptsstadt.
Am 9. Mai endete der Zweite Weltkrieg und damit die insgesamt 1418 Tage des „Großen Vaterländischen Krieges“ für das sowjetische Volk und seine Armee. 1359 Tage davon hatte die 1. Garde-Panzerbrigade mitgetragen. Ihre Soldaten legten dabei in harten Kämpfen nahezu 7000 km zurück und waren 29-mal als „Held der Sowjetunion“ ausgezeichnet worden. In den folgenden 47 Jahren war diese Eliteeinheit Teil der sowjetischen Besatzungstruppen in der DDR. Die ersten Jahre davon, ab Juli 1945, verbrachte sie in unserer Muldentaler Region. Während ihr früherer Kommandeur, Generaloberst Katukow, Chef der Sowjetischen Militäradministrationin Sachsen wurde, stationierten mindestens ein Panzer-Bataillon sowie unterstützende Truppen in Kompaniestärke in Trebsen. Weitere Teile der Brigade lagen im Raum Nerchau-Fremdiswalde und Naunhof-Brandis. Wenn für diese Basierungen bisher allerdings meist nur einige Hinweise vorliegen, ist die Anwesenheit der Aufklärungskompanie der Brigade auf dem Gelände des Flugplatzes Waldpolenz jedoch sicher nachgewiesen.
Aus dem Zeitraum 24. Oktober 1945 bis 19. Juli 1946, haben sich in russischen Familien mehrere Erinnerungsfotos erhalten. Obwohl auch hier die kyrillischen Ortsbezeichnungen auf deren Rückseiten von „Brandis“ über „Brandess“ bis „Bradis“ reichen. So ist es heute möglich, wenigstens einigen der damals hier statio-nierten Soldaten ein Gesicht zu geben. Während im Brigadestab der „Held der Sowjetunion“ Hauptmann Andranik Alexandrowitsch Manukjan als Stabschef Auf-klärung verantwortlich zeichnete, lag die unmittelbare Führung der etwa 80 Aufklärer in den Händen von Leutnant Wladimir Kirillowitsch Baljuk.
„Dem besten Kampffreund zur Erinnerung… an den schweren Weg vom Kursker Bogen… den Weiten Polens… bis nach Berlin… und an den Anfang des friedlichen Dienstes in Brandis“. Vier Porträtfotos, beschrieben zwischen Oktober 1945 und Juli 1946, v.l.: Nikolai S. Kornilow, Michail G. Rasinow, Alexander N. Kosterew, Michail G. Anissimow.
(Fotos: Archiv Nikolai Kosterew)
Nun kurvten in jener Zeit eben deren Fahrzeuge auf den Straßen und Rollwegen des mit noch allerlei Flugzeugschrott bedeckten Flugplatzes. Dies waren, neben den Panzerspähwagen BA-10 und BA-64, auch Motorräder. Sowie amerikanische M-3A1 „Scout“-Panzerwagen, die die Rote Armee aufgrund eines Leih-Pachtvertrages aus den USA geliefert bekommen hatte. Sehr wahrscheinlich klirrten in Polenz ebenso die Ketten von T-34-Panzern, die wohl zu einem Bataillon, mindestens aber einer Kompanie der Brigade gehörten. Möglich ist hier auch die Basierung des Brigadestabes, da eine Vielzahl von Offizieren der Einheit und ihre Familien nach-weislich in Leulitz einquartiert werden mussten.
1946 wurde die “1. Garde-Tschertkowski-Panzerbrigade, zweimal ausgezeichnet mit dem Lenin-Orden, dem Rotbanner-Orden, dem Suworow-, Kutusow- und Bogdan Schmelnitski-Orden” – so die offizielle Bezeichnung – zum Regiment gleichen Namens umgebildet. Am 15. September 1976 erweiterte sich die Bezeichnung noch um den Ehrennamen ihres ersten Kommandeurs und späteren Marschalls der Panzertruppen Katukow.
Nach den Stationierungsepisoden der einzelnen Bataillone und angegliederten Einheiten in Trebsen (bis Mitte Dezember 1946) und Polenz (wohl bis 1947/48) erfolgte deren Verlegung nach Borna. In der Kaserne der ehemaligen Wehrmachts-Panzerabwehr-Abteilung 24 lag das Regiment, unter der Feldpostnummer 58846, bis es etwa um 1965 nach Glauchau zog. Ende der 1980er Jahre ging die Truppe, inzwischen mit dem damals modernsten und von einer Gasturbine angetriebenen T-80-Kampfpanzer ausgerüstet, von der 20. Garde-Mot.-Schützendivision in den Bestand der 9. Panzerdivision nach Zeithain über. Hier verblieb man bis zum Abzug aus Sachsen 1991. Anschließend in den Raum Smolensk verlegt, wurde das Regiment zum 1. Juni 2009 schließlich aufgelöst.
Jak’s und MiG’s über Brandis
Teil 1: Die Rückkehr der Flieger
Ein Sperrgebiet im „Kalten Krieg“
Leipziger Volkszeitung, 29. Mai 1946: „Das Betreten des Flugplatzgeländes ist auf Anweisung der russischen Militärbehörde mit sofortiger Wirkung untersagt. Bei Nichtbefolgung dieser Anordnung wird die betreffende Person mit RM 100,- bestraft, im Wiederholungsfalle ist mit Haftstrafe zu rechnen.“ Auch wenn man denken dürfte, dass ein Betreten des Polenzer Flugplatzes nach dieser Anweisung des „Kriegskommandanten der Stadt Brandis“ nicht mehr möglich gewesen sei, oder die angedrohten Strafen dies verhindert hätten: Es gab fast immer einen Weg auf das weitläufige Gelände. Aber manchmal führten diese eben nicht zurück. So kamen am 6. Juli 1948 vier Jugendliche von ihrem „Ausflug“ zum Flugplatz leider nicht wieder nach Hause, weil eine gefundene Granate, mit der sie hantierten, dabei wohl explodiert war…
Trotz aller Warnungen, Absperrungen, verstreuter Flugzeugteile und noch scharfer Munition avancierte der Polenzer Flugplatz für einige Jugendliche in den ersten Nachkriegsjahren zum „Abenteuerspielplatz“ – die unterschätzten Gefahren endeten manchmal sogar tödlich.
(Foto: J. Malan Heslop, NARA-Washington, RG 342)
Doch es waren nicht nur diese grauenhaften Folgen, die man mit der Absperrung des Platzes vermeiden wollte. Hauptsächlich geschah das aus den-selben Gründen, nach denen das Militär noch heute seine Objekte schützt. In Brandis-Waldpolenz war dies nicht anders. Die strengen Maßnahmen zum Schutz der Truppen und ihrer Ausrüstung sowie vor Spionage betrafen nicht nur die Einwohner der Umgebung, sondern richteten sich auch gegen eigene Angestellte und Soldaten. Die restriktive Auslegung dieser Anordnungen bekam auch die damals 19-jährige Ukrainerin Sofija N. Tenzer (ab 1956 verheiratet Jalowezkaja) zu spüren.
1926 in Winniza geboren, wurde Sofija im Sommer 1942 als Zwangsarbeiterin nach Deutschland verschleppt, um hier in verschiedenen Rüstungsbe-trieben zu arbeiten. Im Mai 1945 kam sie mit einem Transport aus Westdeutschland nach Leipzig. Nach der Überstellung an die sowjetischen Behörden arbeitete sie ab Juli als Bürokraft bei der Militärkommandantur in Brandis. Jedoch wurde sie schon am 5. Dezember aufgrund einer Denunziation als „Jüdin und Spionin für die USA“ verhaftet und zu 10 Jahren Straflager in einem Bergwerk in Workuta verurteilt. Die 1949 geborene Tochter wurde ihr bis zur Entlassung (1953, anschließend noch bis 1956 in Verbannung) weggenommen und wuchs in einem Kinderheim auf. Nach dem Tod ihres Mannes siedelte sie 2003 mit Tochter und Enkelin nach Deutschland über.
Den Sicherheitsmaßnahmen des beginnenden Kalten Krieges und einer Denunziation als angebliche amerikanische Spionin fiel die damals 19-jährige Ukrainerin Sofija N. Tenzer zum Opfer. Bis Dezember 1945 war sie beim Brandiser Kriegskommandanten angestellt gewesen.
(Foto: Sofija Jalowezkaja / Dokument: Staatsarchiv Leipzig, AH Grimma, 817)
Inzwischen hatte man in Polenz mit der Zerstörung der Militärinfrastruktur begonnen. Denn laut alliierter Beschlüsse sollte das besiegte Deutschland, damit von diesem nie wieder ein Krieg ausgehen würde, völlig entmilitarisiert werden. In der ersten Nachkriegszeit ging man die so genannten „Schlei-fungsaktionen“ sogar in allen Besatzungszonen an. Und obwohl in Polenz im Februar 1948 noch die völlige Demontage der Flugzeughallen 1 bis 4 und der Abtransport der Stahlkonstruktionen in die Sowjetunion geplant war, siegten kurz darauf jedoch die Prämissen des beginnenden „Kalten Krieges“.
Die USA, der erste Staat, der über Atombomben verfügte, waren – nach den „erfolgreichen“ Abwürfen auf die japanischen Städte Hiroshima und Na-gasaki – bereit, diese weiterhin einzusetzen. Aus einer Reihe militärischer Planungen, die den Atomwaffeneinsatz gegen die Sowjetunion einkalkulierten, ist besonders der Bericht Nr. 329 des Aufklärungskomitees aus dem Stab der Vereinigten Stabschefs vom November 1945 allein vom Zeitpunkt seines Entstehens her interessant: Zu einer Zeit als weder die Sowjetunion noch weitere Staaten über nukleare Waffen verfügten, wurden der amerikanischen Regierung in dem Geheimdokument Atombombenangriffe auf zwanzig “lohnende Ziele” in der Sowjetunion empfohlen! Die Ziele waren Großstädte wie Moskau, Leningrad und andere wichtige Industriegebiete, “in denen Forschungszentren, Spezialbetriebe und die wichtigsten Regierungs- und Verwal-tungsstellen am stärksten konzentriert sind“. Dies sollte eine „maximale Nutzung der Potenzen der Atomwaffen“ gewährleisten. Kaum drei Jahre später plante man schon Angriffe „auf 70 sowjetische Städte mit einer kalkulierten Massenvernichtung von 2,7 Millionen Toten und 4 Millionen Verletzten“.
Es versteht sich fast von selbst, dass diesbezüglich auf sowjetischer Seite Gegenmaßnahmen getroffen wurden. Neben der beschleunigten Entwicklung einer eigenen Atomwaffe (Erstzündung am 29. August 1949) unter Nutzung deutscher Techniker und Rohstoffe, war hierbei zunächst die Luftverteidi-gung gefordert. So kam es einerseits zum Aufbau von Flak-Artillerie-Stellungen, in unserer Region beispielsweise an der Nordwestseite des Trebsener Colm. Andererseits wurden jetzt weitere Jagdfliegereinheiten zum Abfangen feindlicher Bombenflugzeuge auf den ehemaligen deutschen Fliegerhors-ten, wie eben in Brandis-Waldpolenz, stationiert.
Vom Flugzeugschrott, kriegszerstörten Gebäuden und gefährlicher Munition inzwischen fast beräumt, wurde schließlich auch die von einem deutschen Sprengkommando im April 1945 beschädigte Start- und Landebahn wieder instand gesetzt. Nun konnte hier ebenfalls die Besatzungstruppe wechseln. So wich ab 1947/48 der Panzer, der bislang auf den Schulterstücken der Soldaten aufgenäht war, einem geflügelten Propeller auf blauem Grund – der Insignie der sowjetischen Luftwaffe.
Sowjetische Nachtjäger in Waldpolenz?
Am 14. Oktober 1948 wurden die Leser der australischen Zeitung „The Advocate“ informiert, wonach „Berichte aus der russischen Zone besagen, dass die Russen am Brandiser Flugplatz eine Nachtjäger-Schwadron stationiert haben“. Es erschien dem Autor beim ersten Lesen zwar ungewöhnlich und ziemlich spektakulär, dass eine Zeitung „vom anderen Ende der Welt“ über solch profane (und eigentlich geheime!) Militäraktivitäten berichtete. Jedoch war die Aussage an sich am interessantesten.
„Die Russen haben eine Nachtjäger-Schwadron auf dem Brandiser Flugplatz stationiert.“ – diese Meldung erschien am Donnerstag, den 14. Oktober 1948, in der australischen Zeitung „The Advocate“ (Burnie, Tasmanien).
(Zeitungsausschnitt-Collage)
Eine mögliche Antwort zur Aufklärung fand sich dann relativ schnell, als im Juni 2012 auf einer russischen Internetseite ein Interview*) veröffentlich wurde. Hier berichtet der sowjetische Jagdflieger Alexej Petrowitsch Pelichow über seine Militärzeit von 1942 bis 1958. Besonders die Zeit, die er in Deutschland stationiert war, ist dabei sehr spannend. Am interessantesten ist aber eines der „mitgelieferten“ Fotos, da es wohl 1949 in Brandis aufgenommen wurde! Es zeigt ein Jagdflugzeug Jak-9P – die letzte Nachkriegs-Serienversion der Jak-9.
*) http://www.airforce.ru/content/velikaya-otechestvennaya-voina/159-interv-yu-s-p-pelihovym/
Von 1946 bis 1948 wurden davon etwa 800 Flugzeuge gebaut. Neben der neuen Ganzmetall-Bauweise (im Krieg gab es nur „hölzerne“ Jakowlews) fällt auf dem Foto eine Modifikation ins Auge: Links, neben der mit einer Plane verhangenen Kabinenhaube, kann man auf dem Rumpfrücken ein „Fenster“ erkennen. Unter der Verglasung befindet sich die Ringantenne des Radiokompass RPKO-10M, eine Empfangsanlage zur Navigation mittels Funk-peilung. Zusammen mit dem Antennenmast des Funkpeilers an der Kabinenhaube, diente dies zur Positions- und Richtungsbestimmung. Da in den Jak-9P weitere Ausrüstung verbaut war, könnten die Flugzeuge für einen Instrumentenflug (Nacht-, Schlechtwetter- und Blindflug) bedingt tauglich ge-wesen sein. Ein richtiger Nachtjäger war diese Jak-9P nicht. (Vielen Dank nochmals an Stefan Büttner für die damalige Hilfe bei der Aufklärung dieses Umstandes!)
Brandis 1949: Die Flieger Prochorow, Fedor M. Baljun und Wladimir J. Begalow (v.l.) vor einer Jak-9P. Oberhalb des Roten Sterns ist das Fenster mit der Ringantenne des Funk-Navigationssystems zu sehen.
(Foto: Alexej P. Pelichow)
Doch vielleicht hatte jemand diese Jak’s nachts einmal über Brandis fliegen sehen, dabei möglicherweise etwas fehl interpretiert? Und weil die Umrüs-tung der Polenzer Jagdflieger auf die Jak-9P vermutlich erst hier geschah, erschien das so wichtig, dass die Information den Weg in den Westen fand. Warum diese dann aber gleichzeitig in Australien „meldenswert“ erschien, wird vermutlich für immer ein unlösbares Rätsel bleiben.
Allerdings bestätigen das Foto, die darauf abgebildeten sowjetischen Piloten sowie das benannte Interview, dass zu dieser Zeit das 133. Garde-Jagd-fliegerregiment (giap) in Brandis-Waldpolenz stationiert war. Diese Einheit war 1942 als 42. Jagdfliegerregiment aufgestellt, am 9. Oktober 1943 mit dem Garde-Titel ausgezeichnet sowie gleichzeitig in 133. giap umbenannt worden. Zu dieser Zeit flogen die Piloten bereits Jak-9-Flugzeuge. Bei Kriegsende basierte das Regiment unter der Feldpostnummer 06850 in Wensickendorf. Es unterstand der in Oranienburg liegenden 240. Jagdfliegerdivision des 1. Garde-Jagdfliegerkorps der 16. Luftarmee. Der 16. LA oblagen innerhalb der Gruppe der Sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland alle Aufga-ben der Luftraumdeckung.
1948, vielleicht auch schon im Herbst 1947, hatte das 133. giap nach Brandis verlegt und wurde, wie oben beschrieben, mit der Jak-9P ausgerüstet. Am 10. Januar 1949 erfolgte eine erneute Umnummerierung. Das nunmehrige 684. giap (Funkrufname „Rückgrat“) erhielt sogar eine neue Feldpostnum-mer (40441), die dann bis zur Regimentsauflösung 1989 beibehalten wurde. Da lag das Regiment aber schon lange nicht mehr in Brandis.
Unklar ist bisher, ob das 684. giap Brandis-Waldpolenz schon Ende 1949 wieder verließ oder erst 1951. Nach verschiedenen Informationen soll es nämlich während dieses Zeitraums auch in Altenburg-Nobitz oder in Falkenberg-Alt Lönnewitz stationiert gewesen sein. Vielleicht hatte das Regiment oder eine einzelne Staffel auch nur zeitweise dorthin verlegt? Sicher ist hingegen, dass die gesamte Division im Oktober 1951 die DDR verließ. Das 684. basierte von nun an in Tiraspol, nordwestlich von Odessa in der Moldawischen Sowjetrepublik. Einige der Piloten, unter anderem der damalige Regimentskommandeur Oberstleutnant Dziubenko, wurden sogar unmittelbar im Anschluss ihres Aufenthalts in der DDR nach Korea versetzt. Ein Grund dafür mag gewesen sein, dass sie noch hier mit dem modernsten Strahl-Jäger der sowjetischen Luftstreitkräfte geflogen sind – der MiG-15.
Teil 2: Jäger und Gejagte
MiG’s über Brandis
Am 28. August 1951 ereignete sich ein Zwischenfall, zu dem der Autor noch immer eventuelle Zeugen sucht: In Nähe der Stadt Trebsen wurde die Bruchlandung eines sowjetischen Fliegers beobachtet. Nachdem das Flugzeug zuvor schon sehr tief geflogen war, verlor es plötzlich noch mehr an Höhe, berührte den Boden und blieb dann mit laufendem Triebwerk liegen. Das rechte Fahrwerksbein war abgebrochen und lag etwa 100 Meter ent-fernt. Ebenso hatte das Flugzeug den rechten Zusatztreibstofftank verloren. Der Beobachter näherte sich der Maschine und bemerkte den zunächst noch bewusstlosen, etwa 22 Jahre alten Piloten. Währenddessen flogen die anderen Flugzeuge der Formation Kreise über dem beschädigten Flug-zeug. Diese hatten offensichtlich auch den Brandiser Flugplatz informiert, denn von dort erschienen bald zwei Offiziere. Am nächsten Tag wurde das Flugzeug geborgen. Ein Lastkraftwagen transportierte den durch eine Stoffplane abgedeckten Rumpf, ein anderer die demontierten Flügel.
Diesen, hier nur teilweise wiedergegebenen Bericht lieferte ein unbekannt bleibender Informant eines westlichen Geheimdienstes. Bis heute ist der Report bei der Central Intelligence Agency (CIA) in Washington archiviert. Sein Titel: „Crash Landing of a MiG-15 near Trebsen (Bruchlandung einer MiG-15 bei Trebsen)“.
Dieser Ausschnitt aus einem amerikanischen Geheim-Report beschreibt die Bruchlandung einer MiG-15 bei Trebsen am 28. August 1951.
(Quelle: CIA-RDP82-00457R009100060008-1)
Dieser und einige weitere Berichte bestätigen, was obenstehend bereits angedeutet wurde – die Ausstattung der Polenzer Flieger mit neuester Flugzeugtechnik setzte sich fort. Faktisch avancierte das „Aerodrom Brandis“ mit seiner damals noch 1800 Meter langen, betonierten Start- und Landebahn bei den sowjetischen Luftstreitkräften zunehmend als Schulungs-, Test- und Ausweichflugplatz für deren strahlgetriebene Jagdflugzeuge.
Im März 1946 war an die Konstruktionsbüros Jakowlew und Mikojan-Gurewitsch die Forderung gegangen, ein neues „reaktives“ Jagdflugzeug zu entwickeln. Jedoch stand hierzu damals kein geeignetes eigenes Triebwerk zur Verfügung. Nach Verhandlungen mit der britischen Regierung billigte diese im September den Export der Rolls-Royce Nene II-Turbine (in der „Gloster Meteor“ eingesetzt) in die UdSSR. Daneben standen jener gleichfalls die erbeuteten deutschen BMW 003 und Junkers Jumo 004 zur Verfügung, die bekanntermaßen zuvor schon in Polenz eingesetzt worden waren.
Die Turbinen-Triebwerke wurden zunächst bei einigen Prototypen verwendet. Nachgebaute Versionen, wie das RD-10 (Jumo 004), kamen bei den ersten sowjetischen Strahljägern Jak-15 und MiG-9 zur Anwendung. Die vom Triebwerksspezialisten Klimow modifizierten und in Serie gefertigten Turbinen wurden dann in weiteren sowjetischen Jagdflugzeugen verwendet. So in der MiG-15, deren offizieller Erstflug am 30. Dezember 1947 problemlos stattfand. Ab Oktober 1948 begann die Einführung der Maschinen in den Truppendienst. Als das Flugzeug am 17. Juli 1949 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurde, waren einige der in „vorderster Linie“ liegenden Jagdflieger in Ostdeutschland schon mit der Umschulung auf den Strahl-Jäger beschäftigt. Der unmittelbar darauf beginnende Korea-Krieg (1950-53) zeigte, dass die MiG-15 fast allen damaligen Flugzeug-Typen überlegen war. Einzig die amerikanische F-86 erwies sich als ernster Rivale.
Ihre sehr guten Flug- und Luftkampfeigenschaften machten die MiG-15 weltberühmt. Mit ihr erlernten und trainierten in Brandis-Waldpolenz hunderte sowjetische Piloten das Fliegen von Strahl-Jägern.
(Postkarte: Sammlung Dirk Reinhardt)
Ob das oben schon benannte 684. Garde-Jagdfliegerregiment (giap) noch in seiner Brandiser Zeit auf die MiG-15 umschulte, konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Allerdings soll es noch vor 1951 Versuche amerikanischer Agenten gegeben haben, einen Piloten des Regiments zu „über-reden“, eine dieser Maschinen in die Bundesrepublik zu fliegen. Das gelang aber nicht.
Sicher ist jedoch, dass schon 1950 MiG-15 den Brandiser Luftraum durchflogen. Im Sommer 1949 hatte die „Organisation Gehlen“ (der Vorläufer des Bundesnachrichtendienstes BND) durch die von ihr betriebene Funkverkehrskontrolle ermittelt, dass sich in Waldpolenz zwei sowjetische Jagdflieger-regimenter befanden. Dies bestätigte dann ein weiterer Bericht eines amerikanischen Agenten, der die Ankunft der zweiten Einheit, des 845. Jagd-fliegerregiments, ab dem 25. Oktober meldete. Nachdem das 845. bei Kriegsende zunächst in Deutschland, ab März 1947 dann aber auf einer Basis in Polen gelegen hatte, wurde es kaum zwei Jahre später wieder nach Deutschland beordert. Möglicherweise nur, um hier in Brandis mit der MiG-15 aus-gerüstet und auf diese umgeschult zu werden. Denn die Einheit mit der (vermutlichen) Feldpostnummer 42176 verließ das hiesige Aerodrom schon wieder im Dezember 1950. Nach einigen Geheimdienstberichten fanden vorher, wenigstens im Mai und Juni 1950, mehrere Flüge mit MiG-15 statt. Ein Beobachter des Flugverkehrs sichtete – neben drei Li-2 (sowjetischer Lizenznachbau der amerikanischen DC-3) und zwei La-7 – bis zu sechzehn MiG-15. Diese absolvierten ihre täglichen Übungsflüge meist in kleineren Gruppen oder als Paare im Luftraum über Brandis.
Die von der deutschen „Organisation Gehlen“ (Vorläufer des BND) durch die Funkverkehrskontrolle ermittelte Anwesenheit von zwei Jagdfliegerregimentern in Brandis wurde schon bald durch Agenten in amerikanischen Diensten bestätigt.
(Quelle: CIA-RDP82-00457R003200170005-0)
Doch einem der geheimen Beobachter war noch ein anderes Flugzeug in Brandis-Waldpolenz aufgefallen. Er erkannte jenes als „Typ 16/26“:
(Quelle: CIA-RDP82-00457R005500580007-5)
“Typ 16/26” war die Code-Bezeichnungen der US-Luftwaffe für das damals namentlich noch nicht identifizierte Jak-17-Jagdflugzeug und dessen zwei-sitzige Schulversion Jak-17UTI. Dieses Flugzeug, ein direkter Gegenentwurf von Jakowlews Konstruktionsbüro zur MiG-15, war ebenso wie jene, 1947 erstmals geflogen. Noch im gleichen Jahr begann eine Serienproduktion von etwa 430 Maschinen. Zwar entschied sich die sowjetische Führung zu-gunsten der MiG-15, trotzdem fand die Jak-17 Einzug in den Truppendienst. Wenn auch nur als Übergangslösung sowie als Trainings- und Testflugzeug bis etwa 1952.
Die Jak-17 war in Brandis nur ein Einzelgänger und diente wohl hauptsächlich als Test- und Trainingsflugzeug in der Pilotenausbildung. Eine der letzten Maschinen befindet sich heute noch im Luftfahrtmuseum Monino bei Moskau.
(Foto: Sammlung Dirk Reinhardt)
Alle dargestellten Erkenntnisse zur Belegung des Brandiser Flugplatzes durch sowjetisches Militär beruhen auf heute zugänglichen historischen Bei-trägen sowie recht offenen Antworten ehemaliger sowjetischer Flieger im Internet. Eine andere wichtige Quelle waren, wie man deutlich sehen kann, freigegebene Berichte westlicher Geheimdienste. Darauf werde ich nachstehend noch etwas näher eingehen.
… wird demnächst fortgesetzt!
Hallo Dirk und Alle
Danke erst mal wieder für diesen Griff tief in die Heimatgeschichte.
Beim überlesen der Geschichte zum Flugplatz Waldpolenz kommen mir doch Erinnerungen und fast noch mehr Fragen auf.
Ich lebte damals (BJ.55) in Eicha, bis Oktober 1964 in der Naunhofer Straße 65 und ab da bis 1975 daneben in der Naunhofer Straße 63.
Deshalb kann ich meine Fragen eingrenzen ab 19?? bis 1964 da wir aus der 65 oben wohnend einen Blick über den Wald in Richtung Brandis und Kohlenberg hatten, selbst an die Roten Lichter der Brandiser Schornsteine welche kurz über den Wald hinaus ragten erinnere ich mich.
Ich kann mir eine Sache aus heutiger Sicht nicht erklären.
Es muss um 1960 gewesen sein als der Flugbetrieb mit den MiG 15 (?) intensiver wurde.
Eigenartig, wir in unserem Alter erinnern uns ja sicher alle noch an die fast tägliche Überschallknallerei, damals war es aber so, das wir erst den enormen Knall hörten und kurz drauf tauchten über dem Wald im noch tief- aber aufsteigenden Flug jeweils zwei Maschinen auf, flogen also von Ost in West Richtung … ich schätze mal die Entfernung lag noch über Albrechtshain.
Der Knall kann doch erst beim durchbrechen der Schallmauer entstehen, wieso hörten wir hier erst den Knall und wussten das die gleich über dem Wald auftauchen?
Klar es ist lange her, die Erinnerungen verblassen und gerade deshalb ist es wohl wichtig hier Fragen einzuwerfen welche heute vielleicht noch beantwortet werden können.
Auch erinnere ich mich das ich damals von der 65 aus einen Hubschrauber (dies war sicher noch vor der späteren Hubschrauberzeit??) in etwa rechts neben dem Kohlenberg sah und zwar einen Typ wie ich ihn nicht wieder sah (also wie gesagt es sind eingebrannte Erinnerungen) bei diesem Flug müssen auf beiden Seiten die Türen offen gewesen sein weil ich da hindurch schauen konnte, dies blieb intensiv bei mir hängen.
Ich kann für mich aber nicht mehr fest machen wann die ersten Hubschrauber Pulks über uns hinweg flogen.
Dies waren dann ja zwei Typen, ich weiß nicht mehr ob die gemischt flogen, oft war es eine große Anzahl im Pulk, Fernsehen konnte man dann meist vergessen weil das Bild rhythmisch pulsierte.
Hierzu eine kleine Anekdote welche erst wenige Tage zurückliegt.
Wir waren jetzt ein paar Tage in Warnemünde, am Mittwoch dem 20. September vormittags hörten wir plötzlich ein näher kommendes Geräusch, ein Blick nach oben und über uns kreiste ein Pulk von elf Hubschraubern, ein Größerer und die Anderen ein kleinerer Typ, diese kreisten wie eine Reitschule mehrfach über Warnemünde und drehten dann ab, etliche Minuten später jagte die große Maschine in tiefem Flug über die Ostsee wohl in Richtung Travemünde.
Diese Geräusche, dieser Pulk am Himmel triggerte sofort meine Erinnerung an obige Kindheitserlebnisse.
Auch musste ich vor ein paar Wochen schmunzeln, als Abfangjäger einmal hier und einmal über NRW (kamen wohl vom Horst Laage) die Schallmauer durchbrachen und Leute aufgeregt reagierten und bei der Polizei anriefen, ich dachte wir wurden früher eher unruhig wenn es mal einen Tag nicht krachte … dies aber nur mal so am Rande meiner Fragen.
MfG. Claus
Hallo Claus, vielen Dank für deine Erinnerungen! Ich muss mal sehen, daß ich in nächster Zeit dieser Geschichte weitere Kapitel zufügen kann – ja, dann geht`s auch um die Hubschrauber… 😉